Die Betroffenen kennen es: Nach dem Besuch in der Gelateria kann es im Bauch plötzlich «rumpeln» und es wird nach der nächsten Toilette Ausschau gehalten. Wenn Milcherzeugnisse im Darm «kitzeln», wird es oft unangenehm.
Für viele ein Genuss und wichtiger Bestandteil der regulären Lebensmittelpyramide: Milch sowie ein umfassendes Angebot an Milchprodukten. Ausgerechnet in dem Land, das für vorzüglichen Käse und seine traditionellen Gerichte, wie beispielsweise Älplermagronen oder Fondue bekannt ist, nimmt die Lactoseintoleranz in den vergangenen Jahren stetig zu. Es wird angenommen, dass 10-20% der Bevölkerung in der Schweiz an Lactoseintoleranz leidet. In Asien sind es bis zu 90%.
Quelle: http://www.sge-ssn.ch/ich-und-du/essen-und-trinken/ausgewogen/schweizer-lebensmittelpyramide/
Was ist Lactose?
Lactose (auch Milchzucker genannt) gehört zu den Kohlenhydraten, ist ein Zweifachzucker, der ein rein natürlicher Milchbestandteil von Säugetieren ist. Milchzucker wird in reiner Form zur Herstellung von Nahrungsmitteln verwendet. Auch in der Pharmazie wird Lactose oft als Hilfsstoff eingesetzt, zum Beispiel um Tabletten besser pressen zu können oder als Füllmaterial in Kapseln.
Was genau ist eine Lactoseintoleranz?
Bei einer gesunden Verdauung spaltet das Enzym Lactase, wie ein Schneidewerkzeug, die Lactose im Dünndarm in seine beiden Bestandteile Glucose (Traubenzucker) und Galactose (Schleimzucker) auf. Erst durch das Aufsplitten in die beiden Einzelteile kann der Körper über die Darmschleimhaut diese aufnehmen und in die Blutbahn transportieren. Die Zuckerbausteine dienen uns schlussendlich zur Energiegewinnung.
Mögliche Ursachen für Unterbauchschmerzen, Krämpfe und starke Blähungen
Bei einer Lactoseintoleranz fehlt das Enzym Lactase oder es ist nicht in ausreichender Form vorhanden. Deshalb wandert die Lactose unverdaut in den Dickdarm, wo Bakterien versuchen, das grosse Molekül zu verdauen. Durch diesen Prozess entstehen Gase und Säuren. Zudem wird mehr Wasser in diesen Bereich des Darms gezogen.
Die Folgen davon können Unterbauchschmerzen- und Krämpfe, starke Blähungen, Durchfall – in einigen Fällen auch Übelkeit oder Erbrechen sein. Es können jedoch auch untypische Symptome wie Kopfschmerzen, chronische Müdigkeit oder Hautprobleme auftreten. Welche Anzeichen der Intoleranz und in welcher Stärke sich diese zeigen, hängt von der Schwere des Lactase-Mangels wie auch von der Menge an konsumierter Lactose ab.
In jedem Fall sind es sehr unangenehme Reaktionen, welche meistens 30 bis 120 Minuten nach dem Verzehr von lactosehaltigen Nahrungsmitteln auftreten.
Diese Milchzuckerunverträglichkeit ist keine Krankheit, sondern basiert auf einem Laktasemangel oder einer mangelnden Laktaseproduktion.
Ursachen des Lactasemangels
Angeborener (primärer) Lactasemangel bei Erwachsenen ist eine normale Entwicklung. Die höchste Konzentration von Lactase wird bei der Geburt gemessen (bei Frühgeborenen ist dies nicht der Fall – erst in den letzten Schwangerschaftswochen wird Lactase gebildet, weshalb diese noch keine Muttermilch vertragen). Allgemein fällt nach dem Abstillen die Lactasekonzentration ab und sinkt im Verlauf des Lebens weiter. Je nach Vererbung und Nationalität dauert es unterschiedlich lang, bis die niedrigste Stufe erreicht wird.
Erworbener (sekundärer) Lactasemangel wird durch eine Reihe von Erkrankungen ausgelöst. Sei es eine Schädigung der Darmschleimhaut durch einen Infekt oder Chemotherapie, einer Lebensmittelunverträglichkeit wie Zöliakie oder aufgrund von Medikamenten, wie beispielsweise Antibiotikum. Wenn die Ursache behoben ist, kann sich der Mangel in den meisten Fällen wieder zurückbilden.
Lactasemangel mit (total) fehlender Enzymaktivität. Diese vererbte Form tritt äusserst selten auf. Der Säugling reagiert hierbei bereits beim ersten Stillen mit Durchfällen.
Im Gegensatz dazu gibt es die Milchallergie, bei welcher der Körper allergisch auf das Milcheiweiss reagiert. Bei dieser Erkrankung kann der Konsum von Kuhmilch eine heftige, allergische Reaktion auslösen.
Ihre diversen Diagnose- und Testmöglichkeiten
Den Selbsttest können Sie für sich zu Hause durchführen. Im Vorfeld verzichten Sie für mehrere Tage auf lactosehaltige Lebensmittel. Verschwinden in dieser lactosefreien Zeit die obengenannten typischen Beschwerden, kann von einer Intoleranz ausgegangen werden.
Provokationstest
Durch einen «Provokationstest», bei dem (in leeren Magen) ein grosses Glas Milch oder in Wasser aufgelöster Milchzucker getrunken wird, prüft man die Verträglichkeit von Lactose. Falls innert weniger Minuten oder Stunden die Symptome wie Durchfall, Krämpfe und Blähungen auftreten, deutet ebenfalls vieles auf eine Unverträglichkeit hin.
Bluttest
Konkreter kann bei einem Verdacht auf Lactoseintoleranz der Hausarzt verschiedene Tests durchführen. Zum einen gibt es einen Bluttest, mit welchem eine genetische Veranlagung ausgewiesen werden kann.
Wasserstoff-Atemtest
Zum anderen wird durch einen Wasserstoff-Atemtest die genetische wie auch sekundäre Intoleranz nachgewiesen. Der Patient muss zuvor mindestens 12 Stunden nichts gegessen haben, damit ihm eine Milchzuckerlösung verabreicht werden kann. Falls danach in der Atemluft das Gas Wasserstoff nachgewiesen werden kann, liegt ein positives Resultat vor.
Biopsie des Dünndarms
Die Testverfahren sind vielfältig. Es besteht auch die Möglichkeit einer Biopsie des Dünndarms, welche während einer Magenspiegelung durchgeführt werden kann. Hierbei wird die Lactaseaktivität getestet.
Sinnvolle Ernährung bei Lactoseunvertäglichkeit
Die meisten Betroffenen haben eine Resttoleranz von 8-10g Lactose pro Tag. Aus diesem Grund sprechen wir in der Empfehlung von einer lactosearmen Ernährung. Durch die weitere Zufuhr von Milchzucker entgeht man der Gefahr, dass der Körper die Lactaseproduktion schlussendlich einstellt.
Persönliche Tipps Ihrer Hausapotheke
Wir empfehlen Ihnen nicht gänzlich auf Milchprodukte zu verzichten. Eine gezielte Auswahl ist die bessere Variante. Der Lactosegehalt variiert je nach Herstellungsverfahren und Art der Aufnahme:
- Käse:
die Lactose wird während des Reifungsprozesses zum grössten Teil durch Bakterien abgebaut. Bei Hartkäse ist Lactose kaum noch nachzuweisen – Hüttenkäse oder Weichkäse enthalten zwischen 2-4g Lactose pro 100g. - Sauermilchprodukte:
Darunter fallen zum Beispiel Joghurt und Quark. Sie enthalten weniger Milchzucker als reine Milch, weil die Bakterien bei der Milchsäuerung die Lactose in Milchsäure umwandeln. - Butter:
Sie enthält nur Spuren von Lactose und ist daher gut verträglich
Die Top-Tipps:
- Über den Tag verteilt gegessene kleine Portionen lactosehaltiger Nahrungsmittel sind meist gut verträglich.
- Lactose wird in der Regel besser vertragen, wenn gleichzeitig fett- oder eiweissreiche Nahrungsmittel gegessen werden.
- In den Lebensmittelgeschäften gibt es unterdessen eine grosse Anzahl von lactosefreien Spezialprodukten (erkennbar unter anderem am «aha!» Signet).
- Alternativen wie Hafer-, Kokos-, Mandel oder Reismilch sowie deren Varianten von Joghurt oder Speiseeis sind teils gewöhnungsbedürftig, teils eine leckere Möglichkeit.
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Lactasepräparate und kompetente Beratung
Das fehlende Enzym Lactase gibt es rezeptfrei in der Apotheke seit längerem in Tabletten- oder Kapsel-Form. Dadurch kann bei einem Essen auswärts oder einem Kaffeeklatsch mit Freunden kurz vor dem Genuss das fehlende Enzym zugeführt werden. Je nach Produkt variieren die Einheiten des Enzyms – je nach Nahrungsmittel variiert der Bedarf, weshalb die richtige Dosis sehr individuell sein kann. Gerne beraten wir Sie persönlich zu diesem Thema.
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Wir wünschen Ihnen schöne, gesunde Sommertage!
Ihr Apotheke Wyss Team